Mittwoch, 12. März 2008

Genese im Garten der Natur

Es war ein heit'rer Tag und ich beschloss hinaus ins Naturreich zu gehen. Alsbald wanderte ich über kunstvoll geformtes Ast- und Steinwerk, durchschweifte schattige Senkungen und bestieg die wohlproportioniertesten Hügel. Zu keiner Zeit hatte ich die Natur herrlicher erlebt, prachtvoll streckten die Bäume ihr stolzes Geweih gegen den hellblauen Himmel, die blattreich gepolsterten Büsche erblühten Schwindel erregend, das wallende Wiesenwerk glich einem blumenhaften Aquarell, die sprudelnden Bächlein sprangen erquicklich durch das leidenschaftliche Gelände und das vielstimmige Insektenvolk widmete sich mit göttlicher Hingabe seiner unermüdlichen Kunst. Das innigste Innerste ging mir gleich der flammenden Sonne brennend auf und ich war in derartiger Dimension emotionalisiert, dass sich unzählige Tränen über meine jugendlichen Wangen ergossen.

Als ich nun so vor mich hin einen vollendet gewachsenen Hang herabschritt machte ich in der Ferne einen wundersames Gärtchen aus, in welchem eine würdevolle Gestalt eifrig am Werke war. Dies Gärtchen war ganz entzückend bepflanzt, so dass man wohl merkte, dass darin viel Mühe lag. Doch je näher ich kam, umso mehr schwand die anfängliche Wahrnehmung. So umwehte das geschäftige Männlein kein märchenhaftes Gewand, nein, wie ich jetzt erkannte war es nur ein zerschliss'ner Fetzen, der sich erbittert damit quälte, die knochig genarbte Haut des Alten gänzlich zu bedecken. Dieser wischte sich jetzt, da er mich wohl auch erspäht hatte, mit einer Klaue einen Schwall Schweiß von der wuchtigen Stirn und rammte das ungeheure, pechschwarze Schaufelgerät, mit dem er bis eben zu Werke gewesen, in das frisch aufgebrochene Erdreich. Er reinigte sich hierauf seine Pranken an der stark befleckten Schürze und näherte sich dem Einlass des Gartens, um mich zu empfangen. Während ich nun herzlich darüber erfreut, endlich die Bekanntschaft des fremden Einsiedlers zu machen, gleicherweise an das Tor herantrat, studierte ich überdies auch kurzerhand die mannigfaltige Pflanzung, doch leider schien mir kein Strauch daraus vertraut. Aber ehe ich den alten Gärtner darauf hinweisen konnte, hatte dieser schon das Wort ergriffen und sprach: „Wiewohl weiß ich nicht weiter, vermagst du mir behilflich zu sein?“ Ich entgegnete fiebrig: „Es wäre mir ein gar stattliches Pläsier, Ihnen bei Ihrem Wirken eine helfende Hand zu sein!“ Indes ich fortfahren konnte hatte er mich längst blutvoll gepackt und zerrte mich besitzergreifend nahezu unerfreulich in das schumm'rige Gärtlein. Alldieweil zeigte ich Langmut, ich wollte mich freilich hinsichtlich dem Unvertrauten nicht als engherzig personifizieren. Doch welch' namenloses Grauen ergriff meine elende Seel', als sich mir endlich Gewissheit darüber offenbarte, was der Gärtner da in seiner Schonung zu züchten wagte! Das Aroma ew'ger Fäule verklebte mir das Geruchsorgan und die bildliche Erscheinung der in den lehm'gen Grund eingegrabenen Kadaver, die in vollem Umfang mit schrecklich vibrierenden Nekrophagenteppichen überwuchert waren, expandierten mir die Augen, bescherten mir giftigen Taumel und bösen Alpdruck! Oh geneigter Leser, in welch' Tollhaus war ich daselbst geraten? Kein einzig buntes Blüm'lein, oh Himmel nein, selbst das weich'ste Erdreich war restlos mit garstig' verkleinertem Leichenwerk gefüllt, aus welchem sich bitter dampfendes Geschlinge und schleimiges Exkrement erbrach. „Warum nur? Warum? Die Zottelbienen meiden dieses feine Gärtlein, dabei gebe ich mir doch Mühe in solchem Ausmaße! Meinem sehnlichsten Wunsche entspricht es, das große Wunder zu vollbringen, dergestalt widme ich mein karges Leben allein dieser Pflanzung, doch kein Pflänzelein derselben will gedeihen, warum nur, oh Herr, warum nur!“ Der beklagenswerte Pflanzer beweinte sein zarte Schöpfung mit den bitterlichsten Tränen, so dass es mir gar zu nahe ging und ich ihn zu trösten gewillt war. Doch er stieß mich garstig um, trat raschen Schrittes zum nächsten Darmgewächs dass sein Kleid nur so im Verwesungsdunst flatterte und ich beteiligt im Sekret harrend unwillentlich seiner klebrigen Hoden gewahr wurde. Hier warf er seinen Kot aus und brüllte dabei durch das Gelände: „Und ich dünge doch fortwährend mit dem erlesensten Dung!“ Da er sich mittl'rweile so beschäftigt zeigte, wirst du, geneigter Leser, es mir mutmaßlich nicht verübeln wollen, dass ich die schaurige Stätte auf Schleichwegen zu verlassen suchte, doch ergriff er mich ehe ich zur ersten Regung ansetzen konnte und zog mich, mit den heiseren Worten, mir das Glanzstück seines bisherigen Werkens zeigen zu wollen, samt seiner Schaufel weiter hinfort in die schimm'ligen Tiefen des Gärtchens. Nach mehrfacher Ortsveränderung durch namenlose Schrecknis, welche ich nicht näher benennen möchte und vermag, verwies er mich auf einen gewaltigen Baum, wohl in der Mitte der Sphäre, einen Baum, gebildet aus den vergammelnden Genitalien der Schlachtopfer, aufgerichtet zum abscheulichst stinkenden Phallus, den man sich nur ausmalen kann. „Ich arbeite hin und wieder noch gegenwärtig daran“, gab er mir zu verstehen und machte sich einhändig mit dem furchtbaren Grabwerkzeug ans Werk, während er sich mit der and'ren fortwährend den wallenden Scham rieb. Er grub derart einen weichen Zugang zur Wurzel, warf die Schaufel fort, kniete sich in den kotigen Pfuhl, drang mit dem ausgestreckten Arm in die Öffnung ein und holte große Mengen Exkrement hervor, mit dem er zu jonglieren begann, dass es nur so spritze. Es war eine ergreifende Freude, ihm dabei zuzusehen. „Mein edler Name ist Numinis und ich liebe meinen Penis“, trällerte er selbstvergessen. So verging die Zeit wie im Fluge und die Sonne ward eben im Begriff, unterzugehen, als ich behände aufsprang und meinem getreuen Gastgeber zu verstehen geben wollte, dass es mich nach meinem trauten Heim drängte. Da erstarrte er und bewarf mich mit Schmutz. „Du denaturierter Nichtstuer, willst mich verlassen ohne deinen versproch'ne Dienst erbracht zu haben?“ Dabei gurgelte erneut der Weltschmerz in seinem Gemüt, und ehe ich mich versah, hatte er mir die Schaufel in den Leib gerammt, zog sie geschickt wieder hervor, so dass mein Lebenssaft spiralförmig sprühte, mein Körper seitlich wegsackte und er mich lustig pfeifend auszuweiden begann. Ich war vor Befremdung wie gelähmt und auf wunderliche Weise noch ganz lebendig, so dass ich auch noch erfuhr, wie er mich alsbald warmherzig bäuchlings bettete, mir meine Schattenseite entblätterte und nahm. Sie schwebte einer Feder gleich sanft nebst meinem Schädel nieder und der Alte, in Flammen stehend, erglühte vor Wollust, liebkoste, küsste, schmiegte sich an sie, umschlang sie und begann sie zuletzt eifrig zu rammeln. Zu gern, hätte ich dir das, geneigter Leser, erspart, doch handelt dies von meinen letzten unvollkommenen Herzschlägen, von welchen ich dir gerne noch berichten möchte. Er war all so bald fertig, schmierte mir den Mund andächtig mit rauschenden Maden ein, feilte mir mitfühlend die Augen, hackte mir herzlich den Kopf ab, riss mir zugetan mein Zeugungsinstrument aus dem Unterleib, vergrub all den fleischlich sündigen Samen behutsam an der Wurzel im frisch geöffneten Leichenacker und alsbald ward ich sorgenfrei neugeboren, wuchs prächtig heran, wurde eins mit dem stolzen Baum, dem wundersamen Gärtchen, der herrlichen Natur.

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